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Kapitel 10: SEX.
V.A
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Kapitel 10

Eine kurze Geschichte über moderne Einsamkeit oder wie es wäre, wenn ich Single wäre.
Ich bin gerade über den leeren Gürtel gefahren, mit meinem neuen Charan, ein Vorführwagen.
Viel zu viel Platz darin, war aber ein Schnäppchen.
Im Grunde wollte ich nirgendwo hin, wir dürfen gar keine Termine haben, es ist ja Corona.
Wir kriegen zwar kein Geld, aber wir dürfen auch nicht auftreten.
Was ist der Unterschied zwischen einem Selbstständigen und einer Pizza?
Eine Pizza kann eine Familie ernähren.
Also bin ich spazieren gefahren.
Ich scrollte auf meinem Handy herum auf der Suche nach einer passenden Playlist.
Versehentlich habe ich wohl die Sprachsteuerung des Bordcomputers gedrückt.
Dieser sagte plötzlich, in 150 Metern rechts abbiegen.
Daraufhin antwortete Siri, wie bitte Manuel, ich habe dich nicht verstanden.
Kannst du mich hören?
Kannst du das bitte wiederholen?
Jetzt rechts abbiegen!
Ganz kurz hatte ich das Gefühl, das Auto wäre voller Menschen.
Dabei saß ich wie immer alleine drin.
Ich bin ja jetzt auch schon ein Jahr Single und Tinder ist echt keine App für mich.
Ich bin zu faul dafür.
Ich will nicht irgendwo in einen anderen Bezirk fahren für ein Date.
Ich habe den Radius einfach auf 30 Meter gestellt, aber da ist dann nur der Postler in Frage gekommen.
Sexualität ist der Primitiv.
Ich habe wirklich viel probiert seit der Trennung.
Ich fühle mich sogar beim Gruppensex allein.
Pflanzen sind mir sehr wichtig.
Sie sind eigentlich die besseren Menschen.
Ein paar Monate war ich jetzt mit meinem Oleander liiert.
Ein japanischer Oleander.
Er spricht ähnlich ungern wie ich.
Wir waren in stiller Harmonie in der Wohnung, in der aufgeräumten Wohnung.
Es ist so aufgeräumt, dass es schon beinahe wieder ein neues Chaos darstellt.
Es ist so unendlich still in meiner Wohnung.
Ein paar Mal schon haben die Nachbarn mitten in der Nacht angeklopft und gesagt,
ich soll aufhören, so leise zu sein.
Da mir Asien sehr am Herzen liegt und ich die Mentalität und das Höfliche so mag,
habe ich dann einen mutigen Schritt gemacht und mich beim japanischen Tinder angemeldet.
Dort habe ich meine neue Freundin kennengelernt.
Und diese Frau ist für mich als prokrastinierenden Hypochonder perfekt.
Die jungen Japanerinnen haben keinen mehr, das interessiert die nicht.
Die wollen auch keine Beziehung mehr, das ist ihnen zu anstrengend.
Sie brauchen nur die Fotos für Instagram, das reicht denen.
Das ist super.
Meine neue Freundin will sich nämlich gar nicht mehr mit mir treffen und auch nicht reden.
Wir sehen uns aber viel.
Gut, eigentlich skypen wir nur manchmal, aber ohne Bild.
Und ich spreche auch kein Japanisch.
Eigentlich hören wir uns nur beim Atmen zu.
Das ist so.
Entkriselt es ein bisschen, weil sie hat letztens niesen müssen und ich habe Gesundheit gesagt.
Und da meinte sie, ich brauche Abstand, du redest mir einfach zu viel.
Leonardo da Vinci.
Der Zeugungsakt und die ihm dienenden Organe zeichnen sich durch eine derartige Hässlichkeit aus,
dass, wenn nicht die Schönheit der Gesichter und die Macht der Leidenschaft bei den Liebenden hinzu käme,
das menschliche Geschlecht aussterben müsste.
ist super.
Leonardo da Vinci wusste das auch schon.
Doch wenn Sie ganz ehrlich mit sich sind und nicht mehr zwischen 14 und 24 Jahre alt,
dann ist Ihnen auch klar, ist grob überschätzt.
Also insgesamt, aber vor allem im Hinblick auf die Bedeutung, die wir ihm geben.
Ich plädiere keinesfalls für offene Beziehungen, aber mein Eindruck ist,
dass viele Menschen in festen Beziehungen oft nicht zu ihren Bedürfnissen stehen,
sich ihren geheimen Wünschen jahrelang verabschieden,
verweigern.
Es fängt damit an, dass er oder sie ihr darüber oder darunter nicht kränken will.
Sie sagt nichts, wenn er zu viel will, er sagt nichts, wenn sie zu wenig will und umgekehrt.
Zu kurz, zu lange, zu heftig, zu sanft, falscher Punkt, falsche Öffnung, falsche Spielsachen, falsche Tageszeit.
Nichts von alledem kommt zur Sprache.
Dabei gäbe es viel zu reden.
Die Jahre vergehen, man wird älter, aber leider nicht reifer und dann kommt die Alterspanik.
Habe ich so gelebt, wie ich wollte?
Habe ich alles getan, gesehen, gefühlt, was ich wollte?
Nein?
Wie viele Jahre bleiben mir noch?
30, 40, 50?
Ehe ganz schön viel eigentlich und trotzdem, ich muss etwas tun.
Und dann passiert es, völlig unerwartet.
Ein neuer Mensch tritt ins Leben, man verliebt sich, Gefühle, so neu, so schön.
Ich habe ja gar nicht mehr gewusst, also ehrlich.
Und über Nacht ist nichts mehr wert, was bis dahin war.
Partnerinnen und Kinder bleiben.
In ihrer Fahrtheit perplex zurück und die Scherben, die diese Beziehungselefanten hinter sich lassen,
werden selten bis nie weggeräumt.
Verlieben ist so überschätzt wie .
Verstehen Sie mich nicht falsch, beides trägt zu einem glücklichen Leben bei
und Sie werden im nächsten Kapitel erfahren, dass ich für Rauschzustände aller Art großes Verständnis habe.
Der Rausch der Verliebtheit sollte aber nie der Grund für schwerwiegende Entscheidungen sein,
vor allem wenn Kinder im Spiel sind.
Das soll jetzt keine erzkonservative Leier von der Heiligkeit der Ehe werden,
aber ich finde, verlieben ist zu leicht.
Verlieben ist wie Drogen nehmen.
Wenn ich gut drauf bin, kann ich mich dreimal im Monat verlieben.
Übrigens durchaus auch in Männer.
Allerdings weiß ich, dass ich im verliebten Zustand nicht zurechnungsfähig bin
und dass ich dann eher keine Entscheidungen treffen sollte,
die weitreichende Folgen für andere Menschen haben.
Lauschen wir doch kurz der großen Christine Nöstlinger.
Denn aus der Zeit, in der ich verliebt bin, habe ich nicht mehr die Möglichkeit,
den Ausdruck One-Night-Stand kannte man damals noch nicht.
Denn Tat bestand sehr wohl.
Ich bezweifle auch, dass er in den 50er Jahren seltener stattfand als heutzutage.
Man redete bloß nicht darüber.
Es ist eben wie bei anderen Fragen der Moral auch,
zuerst ändert sich das Verhalten der Menschen,
dann kommt die gesellschaftliche Akzeptanz hinterher.
Unser damaliger Begriff von Treue war ein anderer als der der Generation vor uns
und vermutlich auch ein anderer als der der Generation vor uns.
Wir waren für soziale Treue, also dafür,
dass man sich für den Partner verantwortlich fühlt
und nicht gleich davonrennt, wenn es einmal schwierig wird.
Aber dass man sich nach vielen Ehejahren
von jemand anderem erotisch angezogen fühlte,
hielten wir für völlig normal.
Viele gingen sehr offen damit um.
Mich interessierte nicht, ob der Nö, Christine Nöstlingers Ehemann,
gerade eine Affäre hatte oder nicht
und ich sah auch keinen triftigen Grund,
ihm diesbezüglich von mir zu erzählen.
Eifersucht, sagten wir, ist Besitzgier und Verlustangst.
Ein halbes Jahrhundert in totaler sexueller Treue zu verbringen,
das kommt mir öde vor.
Zitat Ende.
Zur Auflockerung eine kurze Sexliste.
Erstens, man braucht durchschnittlich zwei Sekunden, um sich zu verlieben.
Das ist wissenschaftlich erwiesen.
Wollen wir wirklich in zwei Sekunden alles über Bord werfen,
was uns lange Zeit wichtig war?
Zweitens, Orgasmus und Schadenfreude werden vom Gehirn ähnlich empfunden.
Drittens, heutzutage ist man ja auch viel zu schnell auf alles süchtig.
Tut mir leid, ich bin sexsüchtig, ist ein Satz,
der wahrscheinlich von einem Mann erfunden wurde,
den sie beim Fremdgehen erwischt haben.
Viertens, angeblich soll Charlie Chaplin gesagt haben,
dass er niemals eine Frau anschauen konnte, ohne an zu denken.
Vielleicht ist das aber genauso ein Gerücht,
wie das er beim Chaplin-Luke-Landesdienst,
der im Black-Like-Wettbewerb nur Dritter geworden sei.
Ich hatte einen sehr guten Freund während meiner Pubertät.
Er hieß Heiko, Name von der Redaktion ein wenig geändert.
Er heißt noch immer so, aber wir sehen einander leider nicht mehr.
Er wohnte in einer Siedlung, zwei Minuten mit dem Rad entfernt.
Er hatte zwei große Brüder, die er sehr verehrte
und über die er die besten Geschichten erzählte.
Einer ging nach L.A., der andere in die Unterwelt.
Mit Heiko tat ich drei Tage.
Drei prägende Dinge.
Wir gründeten unsere erste Band.
Wir spielten fast täglich Tischtennis und waren in etwa gleich gut.
Die Partien waren Schlachten und meistens war der Verlierer so sauer,
dass er gruselos nach Hause fuhr.
Wir hörten damals noch Sätze wie
»Wenn die Straßenlaternen angehen, dann kommst du heim.«
Ich erzählte Heiko während einer Tischtennis-Partie,
dass sich meine Eltern gerade scheiden lassen.
Ich konnte es nicht anders sagen,
aber so zwischen zwei entscheidenden Bällen war es möglich.
Er sagte, »Meine sind noch zusammen, aber so super ist das auch nicht.«
Sein Vater war Pilot und wenn er uns mit dem Auto irgendwo hinbrachte,
sagte er, »Geh mal hinten einsteigen, vorne vor mir schon.«
Die dritte Sache war,
Heikos Vater hatte eine große Columbo-Sammlung auf VHS
und irgendwann kamen wir dahinter,
dass, wenn wir nach dem Abspann noch einige Minuten weiterlaufen ließen,
zuerst Ameisenkrieg kam, dann eine Schwarzblende
und danach, wenn wir nach dem Abspann noch einige Minuten weiterlaufen ließen,


stießen wir auf frivole Perlen der deutsch-österreichischen Filmkunst
wie Gaudi in der Lederhose.
Es war natürlich ein Erweckungserlebnis,
weil sich Sexualität in Ermangelung von Internet und Praxis
bisher beinahe ausschließlich in unseren Köpfen abgespielt hatte.
Jedes Wochenende, an dem Heikos Vater beruflich im Ausland war
und dessen Frau, also Heikos Mutter, ihn begleitete,
übernachtete ich bei meinem Freund.
Nachdem wir den Film zum ersten Mal zu Ende gesehen hatten,
schrieb ich eine Liste.
Pornoliste.
1. Der Film hat mir vermutlich falsche Vorstellungen von Schwiegermüttern vermittelt.
2. Reicht es wirklich, nachdem man jemanden kennengelernt hat,
nur drei Worte zu sprechen, bevor man sich an die Genitalien fassen kann?
3. Im Halbschlaf mit geweckt zu werden, ist geil.
Es sei denn, die Nachbarn haben ihn.
4. Ich brauche unbedingt ein wenig Stroh, das ich herumliegen lassen kann.
Das zieht anscheinend voll bei den Damen.
5. Ich muss mir die Haare wachsen lassen und mich Alfonso Rubai nennen.
6. Ach, so funktioniert ein Casting.
Meine Entscheidung steht fest, ich werde Schauspieler.
Wir begannen uns in dieser Zeit nicht nur für Frauen genauer zu interessieren,
sondern auch für deutschsprachige Pop*.
Tokotronik, eine Band, die mich bis heute begleitet,
begann Alben zu veröffentlichen und neben Nirvana
war sie wahrscheinlich die wichtigste Gruppe für mich in dieser Zeit.
Tokotronik.
Über kann man nur auf Englisch singen,
allzu leicht kann es im Deutschen peinlich klingen.
Eine weitere Band, die mir damals viel bedeutete, hieß Blumfeld,
benannt nach einer Figur bei Kafka.
Düsseldorfer.
Düsseldorfer.
Düsseldorfer.

Düsseldorfer.






Verstörende Texte, die wir analysierten, aber nur bedingt verstanden.
Später driftete er in Naturlyrik ab und ich weiß bis heute nicht,
ob er verrückt geworden ist oder einfach nur ähnlich wie Bob Dylan
sich nicht vereinnahmen lassen will.
Blumfeld.
Lass uns nicht von reden.
Auf dem Küchentisch ein Gedicht von Patti Smith.
Female.
Feel male.
Sie schreibt
Heftig.
Schwach.
Schwelgerisch.
Im Sommerrock sich legen lassen von einem schmalhüftigen Jungen hinter der Kegelbahn.
Bluten.
Den Höhepunkt erreichen.
Den Bauch gefüllt bekommen.
Lass uns nicht von reden.
Du siehst ja, ich weiß gar nicht, wie das geht.
Ich liebe dich.
Am liebsten nackt.
Aber wie soll ich dir nah sein, wenn ich nicht weit genug von mir selbst entfernt sein kann?
Schließlich war ich im Fußballverein.
Kicken Rush.
Wann hört Macht auf?
Hier fängt Macht an.
Lass uns nicht von reden.
Natürlich leben wir mittlerweile in völlig übersexualisierten Zeiten, in denen junge Männer problemlos Zugang zu sogenannten Mainstream-Pornos haben.
Und ja, das macht mir Angst, wenn ich daran denke, dass meine Töchter in nicht allzu ferner Zukunft mit jungen Männern konfrontiert sein werden, die glauben, so geht Sexualität.
Ich habe wie so oft auf wirklich wichtige Fragen keine Antwort, aber ich klammere mich an die Hoffnung, dass Eltern, die mich in der Zukunft nicht mehr verfolgen, mich nicht mehr verfolgen.

Ich hoffe, dass die Eltern von jungen Männern auch wollen, dass sie ihren Sprösslingen Alternativen aufzeigen und schon auch sagen, man muss die Frau nicht schlecht behandeln, um selbst Freude empfinden zu können.
Darüber hinaus flüchte ich mich wieder in die Ironie.
Wie kann geil und auch nachhaltig und korrekt sein?
Gerne stelle ich Ihnen meine Gedanken der Stärkung der politisch und gendergerechten Pornoindustrie zur Verfügung.
Diese Treatments sind rechtefrei.
1. Der Taxifahrer bringt eine junge Frau nach Hause und gibt ihr während der Fahrt in jeder Situation das Gefühl professioneller Distanz.
2. Ein Installateur antwortet auf die Frage, können Sie bei mir ein Rohr verlegen mit gern und verlegt tatsächlich ein Rohr in der Küche, dann geht er wieder.
3. Eine Stiefmutter gibt ihrem Stiefsohn Nachhilfe. Sie hilft ihm dabei, seinen Mutterkomplex zu überwinden und erfindet eine Frau in seinem Alter, mit der er eine glückliche, gleichberechtigte Beziehung führt.
4. Eine Lehrerin verführt ihre Schülerin nicht, sondern empowert sie. Statt unter der Decke zu landen, zerstören sie die gläserne Decke.
5. Russisches Hausmädchen bekommt von Familienmitgliedern die Möglichkeit, sich zu verlieben.
6. Familienvater-Kollektivvertrag ohne weitere Gegenleistung.
So, für meinen Teil ist es jetzt wirklich genug mit dem .
Sollte es Ihnen immer noch nicht reichen, gehen Sie in ein Konzert von Ann-Kathie Coy und lassen Sie sich von ihrer genialen sexuellen Bühnenenergie verzaubern.
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V.A
Uploaded byThe Orchard
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