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Kapitel 15: Dress up and play.
V.A
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Kapitel 15 Dress up and play
Warum scheitern und gelingen dasselbe sein können?
Didier Yves Trocbar ist ein ivorischer Spitzenfußballer im Ruhestand.
Er ist Rekord-Torschütze der ivorischen Nationalmannschaft und wurde zweimal zu Afrikas Fußballer des Jahres gewählt.
Die längste Zeit seiner Karriere war Trocbar für den FC Chelsea aktiv und ist eng mit dem Londoner Verein verbunden.
Für die Blöds absolvierte Trocbar 254 Spiele in der Premier League, dabei erzielte er 104 Tore und 63 Torvorlagen.
Viermal gewann er mit Chelsea die englische Meisterschaft, 2012 entschied er das Finale der UEFA Champions League,
Chelseas größten Erfolg überhaupt mit dem Ausgleich und dem finalen Strafstoß im anschließenden Elfmeterschießen.
Trocbar war trotz seiner Größe und Robustheit ein unglaublich filigraner Techniker.
Er galt in England allerdings ein wenig als Diva, weil er sich oft sehr theatralisch fallen ließ.
Es gibt die schöne Geschichte, dass sich Trocbars Kinder, wenn der Papa nach Hause kommt, als allererstes zu Boden werfen und so tun, als seien sie schwer verletzt.
Ich liebe Fußball und wenn sich Sport mit Humor paart, bin ich glücklich.
Und wenn sich Sport dann auch noch mit Eleganz paart, überhaupt.
Sigi Bergmann, der pensionierte Boxerreporter des ORF, sagte auf die Frage, was ihm zu dem Boxer Muhammad Ali einfalle,
Das ist ein so komplexes Thema.
Eigentlich denke ich an Kunst, an Tanz, Baryshnikov, Nureyev.
Sie müssen sich vorstellen, 100 Kilo so elegant zu bewegen, das ist ungeheuer.
Und dann dieses eingebaute Fadenkreuz.
Der hat gegen Leute, die mit einem Schlag ein Pferd umhauen würden, die Hände runterhängen lassen
und den Schlag so getimt, dass er ihn um ein paar Zentimeter verfehlt hat.
Dann bin ich im Paradies.
Es gibt kaum etwas, das mich mehr beruhigt.
Es gibt kaum etwas, das mich mehr beruhigt, als Sport zu schauen.
Auch in diesem Punkt stellt die Corona-Krise für mich einen großen Einschnitt dar.
Ich vermisse das abendliche Sportschauen körperlich.
Natürlich kann man jetzt diverse epochale Endspiele nachsehen, aber das ist nicht dasselbe.
Als zu wissen, das passiert jetzt gerade, das ist live.
Es ist mein Anker.
Wenn ich nach einer Vorstellung nicht schlafen kann, schaue ich ein NBA-Basketballspiel an.
Durch die Zeitverschiebung ist das ideal, weil die Spiele meist so gegen 2 Uhr verfolgen.
Frühmittel europäischer Zeit beginnen.
Der Sport gibt mir Ruhe und Zuversicht.
Es gibt klare Regeln, gut und böse, und ich muss mich nicht mit dem Durchschnitt abgeben,
sondern darf der Elite zusehen.
Den Allerbesten, destilliert aus jenen Millionen, die diesen Sport genauso lieben,
die aber eben nicht mit so viel Talent und Wille zur Disziplin und Enthaltsamkeit ausgestattet sind.
David Foster Wallace
Angesichts der Position von Agassi und der Schnelligkeit,
und der Weltklasse, musste Federer den Ball in ein 2 Zoll langes Raumrohr schicken,
um ihn zu überholen, was er tat.
Indem er sich rückwärts bewegte, ohne Aufbauzeit und ohne sein Gewicht hinter dem Schlag.
Das war unmöglich.
Es war wie etwas aus The Matrix.
Ich weiß nicht, was für Geräusche im Spiel waren, aber meine Ehefrau sagt,
sie sei hereingeilt und es lag überall Popcorn auf der Couch,
und ich kniete auf meinen Knien und meine Augäpfel sahen aus wie die eines Scherzartikels,
und ich konnte mich nicht mehr aufhören zu schlafen,
und ich konnte mich nicht mehr aufhören zu schlafen,

Schönheit ist nicht das Ziel des Wettkampfsports,
aber der Spitzensport ist ein erstklassiger Ort,
an dem die menschliche Schönheit zum Ausdruck kommt.
Die menschliche Schönheit, über die wir hier sprechen,
ist eine Schönheit einer bestimmten Art.
Man könnte sie kinetische Schönheit nennen.
Ihre Kraft und ihr Reit sind universell.
Sie hat nichts mit oder kulturellen Normen zu tun.
Was sie zu haben scheint, ist in Wirklichkeit die Versöhnung des Menschen,
mit der Tatsache, einen Körper zu haben.
Zitat Ende.
Ich könnte hier ewig weiter vor mich hin zitieren,
aber da würden Sie mir irgendwann zu Recht die Autorenschaft dieses Buches absprechen.
Den ganzen Essay finden Sie auch im Netz.
Es gibt kaum etwas Schöneres als Menschen, die bei allem, was sie tun, Würde bewahren.
In unserer Straße bearbeitet ein Mitarbeiter der MA48 jeden Morgen die Gasse mit einer Anmut,
als würde das Schicksal,

der gesamten Menschheit von seiner Fähigkeit zu fähigen, abhängen.
Ich will ihn schon lange ansprechen, aber ich traue mich nicht.
Seine Tätigkeit und seinen Flow zu unterbrechen, würde sich ketzerisch anfühlen.
Machen Sie einmal den Test, wie viele Menschen Sie kennen,
die ihren Beruf mit Stolz und Freude ausführen.
Natürlich wird es exponentiell schwieriger, je vermeintlich einfacher die Tätigkeit ist.
Deshalb ist der Müllmann ja so besonders.
Profisportlerinnen üben vielleicht auch deshalb,
so eine Faszination auf mich aus, weil sie so fokussiert sind.
Sehr früh schon alles ihrer Vision untergeordnet und auf ihre Jugend verzichtet haben,
wie das dann so schön heißt.
Keine Partys, sondern Training.
Sie haben entschieden, sich dem heiligen Fluss hinzugeben.
Das klingt pathetisch und ist es auch.
Die Frage, wie der heilige Flow für jede und jeden von uns aussieht,
muss man sich natürlich selbst stellen.
Ich tue dies regelmäßig und komme immer wieder zu dem Schicksal,
dem Spieltrieb zurück.
Als Schauspieler wird man oft gefragt, was es eigentlich ausmacht,
diesen Beruf auszuüben, was das Geheimnis ist.
Schauspieler reden sich dann gerne um Kopf und Kragen
und ganz schlimm wird es, wenn es sich um einen großen Theaterschauspieler
von föttonistischer Wichtigkeit handelt,
der dann spielen muss, dass er klüger ist, als er ist.
Ich hatte das große Glück, einmal Tilda Swinton zuhören zu dürfen.
Es war im Rahmen der Berlinale und sie gab in einem schicken Hotel
eine Stunde Auskunft über ihre Arbeit.
Als der Moderator sie fragte,
what's the secret of acting, sagte sie nur,
dress up and play.
Wenn ich mich verkleiden kann und das Spiel losgeht,
dann kann dieser Flow entstehen.
Dann geht es nur um das Jetzt,
weil man alle zur Verfügung stehenden Kräfte bündeln muss.
Vor einer Kamera und auf einer Bühne kann man nicht multitasken
und Profisportler können das auch nicht,
weil sie sonst sofort verlieren würden.
Vielleicht ist das die große Gemeinsamkeit zwischen Sport und Spiel.
Im Flow zu sein, im Fluss zu sein.
Ich mag diese Anglizismen eigentlich nicht,
aber hier ist das englische Wort wohl präziser.
Ich habe viel darüber nachgedacht,
was für mich Schauspielkunst ausmacht
und was die Gründe sein können,
warum ich jemanden gut und wahrhaftig empfinde oder eben nicht.
Ich habe, wie könnte es anders sein,
eine unvollständige Liste angefertigt von Schauspielerinnen,
mit denen ich zu tun hatte
und die mich während der Arbeit verzauberten
und dadurch selbst besser gemacht haben.
Was macht neben Sympathie diesen Zauber aus?
Es sind zwei Parameter, die ich feststelle.
Die Kollegen und Kolleginnen sind allesamt sehr gut vorbereitet
und sie sind mutig.
Während der insgesamt über 600 gemeinsamen Vorstellungen
mit Thomas Stipschitz liebte ich die Momente am meisten,
wenn er ohne Netz sich in höchste Höhen hinaufschwurbelte,
ohne zu wissen, wo er ankommen wird.
Wir hatten das Stück so klar gebaut
und wussten im Schlaf immer, was als nächstes kommen würde
und kannten, was kommt.
Wir hatten natürlich auch den Text des Anderen
genauso gut wie den eigenen.
Um es lebendig und frisch zu halten,
begannen wir ab der 50. Vorstellung,
uns gegenseitig fallen zu stellen.
Stipschitz und all die anderen Genannten
haben das in ihr Spielsystem aufgenommen.
Sich selbst fallen zu stellen,
das ist nämlich noch komplexer und bedeutend schwieriger,
als jemand anderen eine solche zu stellen.
Lisa Maria Potthoff ist eigentlich zu klug für die Schauspielerei.
Sie ist eine intellektuelle Sprachgewalt,
die druckreif, improvisiert,
improvisieren kann.
Um sich selbst die Sicherheit zu nehmen,
drückt sie manchmal derart aufs Tempo,
dass das ganze Team reagieren muss
und alle wieder in einer Sekunde
komplett bei der Sache sind,
weil sie es sonst aus der Bahn werfen würde.
Oder Dennis Moschito.
Wir drehten eine Serie mit zum Teil
unspielbaren Dialogen.
Dennis ignorierte das einfach
und entwickelte für seine Figur Erdem
einem liebenswerten,
aber schwer minderbemittelten Gefängnisinsassen
mit sogenanntem Migrations-Dialog.
Der Migrationshintergrund
gleich eine eigene Sprache.
Er galoppierte regelmäßig drauf los,
ohne zu wissen, wo er landen würde
und manchmal trug es ihn aus der Bahn,
weil sich Dennis nur wunderte,
was seine Figur da so von sich gab.
Ich sehe es den Kolleginnen
an ihren Augen an.
Scotty Pippen,
die geniale Nummer 2 hinter Michael Jordan,
ohne den die Chicago Bulls
niemals die sechs Meisterschaften gewonnen hätten,
sagt über den größten Basketballer
aller Zeiten,
dass er sich nicht mehr so gut fühlt.





Michael hatte diesen Blick.
Er war in einer Welt,
zu der nur er Zugang hatte.
Es ist dieser besondere Glanz,
wenn man so bei sich ist
und gleichzeitig in der Spielsituation,
dass man beginnt,
sich selbst zu überraschen.
Wenn Dinge zugelassen werden,
die nicht geplant waren.
In der Fachsprache nennen wir das Impuls,
aber das ist ein mittlerweile
so abgenützter Begriff,
dass er oft etwas anderes meint.
Dinge zuzulassen,
die nicht gesteuert oder überlegt sind,
das macht den Zauberer.
Das macht den Zauberer aus
und es ist,
und das ist wohl das Wesentlichste daran,
uneitel.
Ein eitler Schauspieler
wird sich nie selbst überraschen,
weil er dadurch Kontrolle aufgeben müsste.
Er schützt sich vor der Sonne,
sie sich vor dem Umfallen.
Nicolas Cage sagt,
wenn du ein guter Schauspieler sein willst,
musst du etwas von einem Kriminellen haben,
sonst wird sich keiner je an dich erinnern.
Diverse Kollegen und Kolleginnen
missverstehen dieses kluge Zitat
und glauben Arschkinder,
Schlecher sein zu können
oder möglichst provokante Interviews geben zu müssen.
Die wirklich guten Leute,
so ist zumindest meine Utopie,
verwenden diese kriminelle Energie achtsam
und nur für ihr Spiel
und sind im wirklichen Leben
höfliche, empathische Menschen.
Wie zum Beispiel Georg Friedrich.
Stipschitz und ich haben ihm
in unserem Programm Triest schon versucht,
ein Denkmal zu setzen.
Ich durfte bei David Schalkos
Zweiteiler Aufschneider mit ihm arbeiten.
Bei der Leseprobe sagte er,
während er genüsslich an einer
Marlboro Menthol 100 zog,
Lasst euch nicht irritieren,
ich hab eine Leseschwäche.
Wir treten vor einem Haus einen Take.
Friedrich musste anläuten
und dann über die Gegensprechanlage
einen Dialog führen.
Er galoppierte los.
Schalko, der Regisseur, brach ab und meinte,
Danke, machen wir gleich noch einmal.
Und Friedrich erwiderte,
Nein, machen wir nicht, besser wird's nicht.
In der sehr empfehlenswerten Biografie
The Great Nowitzki
von Thomas Pletzinger
über den deutschen Basketballstar
Dirk Nowitzki ist vom Flow
als dem Rausch des Gelingens die Rede.
Es gibt nicht wenige,
die Basketball mit Jazz vergleichen.
Der NBA-Club in Utah
ist sogar nach der *richtung benannt.
Oder wie Miles Davis sagte,
Wenn Thomas Stipschitz sich auf offener Bühne
verspricht oder verhaspelt,
dann versucht er dies nicht,
zu verstecken,
sondern er thematisiert das.
Behauptet zum Beispiel,
dass es gar kein Verhaspeler war,
sondern ein Tippfehler im Buch,
welches er eben auf Punkt und Komma
auswendig gelernt habe
und erntet damit einen wahrscheinlich
viel größeren Lacher
als mit der geplanten Pointe.
Weil er im Moment ist
und die richtige Entscheidung trifft
und keine Angst hat, zu scheitern.
Wäre dieses Buch ein esoterischer Ratgeber,
würde ich Ihnen nun sagen,
dass das auch fürs Leben allgemein gilt,
aber,
zum Glück ist es das ja nicht.
Thomas Plätzinger
in The Great Nowitzki
Für ihn war Basketball gleichzeitig
Körperarbeit und intellektuelle Übung.
Er spielte an gegen physische
und physikalische Unwahrscheinlichkeiten,
gegen Klischees und Vorurteile.
Er schien das Spiel
auf einer höheren Ebene zu denken
und zu spielen.
Und dann trifft er einen Vergleich,
den ich sehr treffend finde,
jenen zwischen Spitzensportlern
und Berufs*ern.
Sportler wie *er
brauchen geregelte Abläufe und Rituale
und sie brauchen Wartung.
Blechbläser putzen ihre Instrumente,
Klaviere müssen regelmäßig gestimmt werden,
sie dehnen ihre Finger
und stärken ihre Rücken,
sie üben Konzentration,
sie visualisieren *,
sie atmen,
sie gleiten durch die Stücke
wie Skifahrer über die Piste.
Beide Gruppen arbeiten
in streng reglementierten Systemen
und beide streben in dieser Regelhaftigkeit
nach der maximal möglichen Freiheit.
Es geht darum,
sein Können einfach funktionieren zu lassen,
den Körper einfach machen zu lassen.
Gute Sportlerinnen, *erinnen
und auch Schauspielerinnen können loslassen.
Sie können die Überwachung
des eigenen Körpers ausblenden.
Sie müssen nicht immer
einen Sicherheitsschritt voraus sein.
Sie folgen der Situation
und sie agieren und reagieren,
wie es diese eben erfordert.
Sie spielen sich in einen Flow,
in den Rausch des Gelingens.
Das kann man trainieren.
Ritualisieren Sie, was Ihnen wichtig ist
und durch die Regelmäßigkeit
werden Sie schneller an den Fluss gelangen.
Liste meiner täglichen Rituale.
Eine Seite schreiben,
70 Seiten lesen,
100 Liegestütz machen,
mindestens ein neues Vokabel lernen,
kochen,
gehen oder laufen,
die Küche aufräumen.
Lassen wir Emil Zatopek
nochmals zu Wort kommen,
weil es ja doch irgendwie
immer auch ums Laufen geht.
Wenn ein Mensch einmal trainiert,
passiert nichts.
Aber wenn dieser Mensch sich überwindet
und ein und dieselbe Sache
hundert- oder tausendmal tut,
wird es sich nicht nur körperlich
weiterentwickeln.
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Artist
V.A
Uploaded byThe Orchard
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